Fez: Alles nur in deinem Kopf

Fez: Alles nur in deinem Kopf

  



Fünf Jahre ist das jetzt her, dass Phil Fish diese relativ kleine Independent-Produktion avisiert hat. Vor zwei Jahren hätte sie via Xbox Live veröffentlicht werden sollen. Jetzt, wo ich selbst ein bisschen Kontakt zur Game-Development- und Indieszene habe, wird mir klar, wie wenig Zeit das alles eigentlich ist. Zwei Jahre rasen an dir vorüber. Umso mehr muss das heute ein großer Tag für Phil Fish sein. Ich möchte ihm auf jeden Fall gratulieren. Zauberhaft ist es geworden, dein “Fez”. Eigentlich Euer “Fez”. Ist ja inzwischen ein recht beachtliches Team an der Entstehung beteiligt, wenn ich mir den Abspann so angucke.

Wer sich fragt, woher diese Mischung aus Geschicklichkeitstest und Puzzelei seinen Namen hat… naja: dem empfehle ich das Bild hier gleich unten. Lenke deine Blicke auf den Kopf der Heldenfigur Gomez. Die zehn roten Pixel darüber, das soll die Kopfbedeckung symbolisieren – eben den Fez. Keine Ahnung, ob das im weiteren Spielverlauf noch irgendeine Bedeutung haben wird. So weit bin ich noch nicht gekommen. Aber weit genug, um schreiben zu wollen: Wenn Du, werter Leser, eine Xbox 360 hast, dann guck Dir “Fez” an. Wenn Du irgendwann Kontakt mit “Nebulus” auf dem Commodore 64 gehabt hast – die beste Version meiner Meinung nach – dann wirst Du beim ersten Kontakt mit “Fez” Erinnerungen in dir keimen spüren.

Auch Gomez klettert, um einen rotierenden Turm drumherum. Auf und Ab. Er schwebt von Plattform zu Plattform. Und glüht vor Freude, wenn er alle notwendigen Scherben gefunden hat, die den Würfel vervollständigen und das Tor zum nächsten Kapitel öffnen. Soweit so gut. Flüssiges Gameplay, schicker Retro-Look. Und sonst?

Nun setzt “Fez” auf den Basis-Geschicklichkeits-Test ordentlich Aha!-Puzzelei drauf. Deine Wegfindung wird dich in die Irre führen. Denn das Spiel überrascht dich mit Perspektiven-Tricks. Es täuscht dich. Verwirrt dich. Macht dich staunen. “Fez” trichtert eine dreidimensionale Welt in ein zweidimensionales Universum. Und dort ist längst nicht alles so, wie du es dir in deinem Kopf ausmalst. “Fez” spielt mit Deinen Vorstellungen und führt sie ad absurdum. Du denkst dir, dass ein Weg so oder so angelegt sein müsste, weil das in deiner Realität bisher immer so war? Oder in der Virtualität all der anderen Videospiele, die letzten Endes fast alle nach Nachahmung der Realität streben? “Fez” lässt dich am Kopf kratzen. Du wirst oft die Schultertasten nutzen, wirst den Turm damit drehen, von links nach rechts und zurück.
Du wirst den Turm und die wachsende Landschaft um ihn herum von hier, dann von da betrachten. Bis es irgendwann klickt. Du machst große Augen, weil eine Schlucht, aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, zu einer Brücke wird und Gomez des Fortkommen erlaubt.

Ich verehre ja Adam Saltsmans “Canabalt”, auch der
geschmeidigen Animation wegen. Dass “Fez”
unter Zutun von Saltsman entstanden ist, sieht man:
Vergleichbare Dynamik bis ins kleinste Pixel. 


An “Fez” fasziniert mich ja dieses Aus-einem-Guss-Sein. Diese schwerelose Verknüpfung von hochmodernem Gameplay mit altem 80er-Jahre-Charme. Figuren aus dicken Pixeln, schmeichelhaft animiert und eingebettet in wundervolle Sphärenklängen. Manches klingt, als hätte ein guter Geist Commodores SID-Chip in meine Xbox transplantiert. Sägezahn-33-Wellenform mit starkem Vibrato, von wunderschönen Läufen im Stil von Tim Follin hinein getragen direkt in mein Herz. Tipp: Drei Tracks aus dem Spiel gibt´s hier als Gratis-Download. Die Musik verändert sich genauso unmerklich, wie die Wolken am Himmel dahinziehen. Schüchtern kündigen sie die Ablösung des Tages durch die Nacht an. Die zeigt sich erstmal nur als unmerkliche Veränderung von Tönung und Farbsättigung, als visueller Effekt. Aber wer weiß, was da noch kommt…

Einige Elemente von “Fez” bauen auf John M. Phillips
“Nebulus” von 1987 auf. Danke an Mobygames
für den Screenshot!


Genug geschwärmt. Schönes Spiel. Wenn du einen intelligenten Geschicklichkeitstest magst, nicht ganz so frustrierend wie “Braid”, lad´ dir die Demo runter. Steckt echt viel Gameplay drin. Den möchte ich sehen, der danach leichten Herzens die Konsole abschaltet und nicht liebend gerne 800 faire Microsoft Points in die Vollversion investiert. Viel Spaß!

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2012-04-13T14:12:00+02:00

Über mich

Spieleschreiber, das sind im Wesentlichen ich – Richard Löwenstein – und freie Kollegen, mit denen ich auftragsbezogen zusammenarbeite. Ich bewege mich seit 1984 in der Software-, Games- und Medienindustrie. Das Wort Spieleschreiber (“gamesauthor”) bezieht sich auf  die Tatsache, dass ich über Computerspiele schreibe und sie außerdem entwickle und produziere

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