Ach wie ist das schön: Assassin´s Creed Unity im Test

Ach wie ist das schön: Assassin´s Creed Unity im Test

Nach rund 30 Jahren in der Branche passiert es mir nicht mehr so oft, dass mich ein Game ernsthaft aufwühlt. “Assassin´s Creed Unity” hat´s geschafft. Ich habe viele Abend lang gelacht und geweint, gejubelt und geflucht, geguckt und gestaunt. Ein ganz großartiges Actionabenteuer. Narration deluxe!

 

Ich mag eigentlich keine Superlativ-Sprüche vom Kaliber “Das erste Game einer neuen Generation”. Aber AC Unity fühlt sich tatsächlich so an. Warum und wieso, das habe ich für T-Online Spiele zusammen gefasst so gut ich nur konnte. In AC Unity steckt aber halt so unfassbar viel Ausstattung drin, dass kannst du nicht alles beschreiben. Vielleicht besser so. Ist ein Game für Entdecker.

 

So, genug davon. Hier jetzt ein paar Auszüge aus meinem Vers für T-Online. Die komplette Version mit Infos zum Kampfsystem, den Kulissen etc. gibt´s hier. Fui Spaß!

Drei Gründe, warum Sie das neue Actionabenteuer aus der “Assassin´s Creed”-Reihe erleben sollten: Erstens handelt es sich um den ersten Serienableger, der eigens für PC, PlayStation 4 und Xbox One entwickelt wurde. Zweitens kann sich das traditionelle Openworld-Gameplay durch optimierte Steuerung und eine beseelte Geschichte besser entfalten denn je. Drittens steuert Ubisofts Actionabenteuer, getragen von exotischem Flair und verführerischen Bildern, auf einige faustdicke Überraschungen zu.

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Sprints, Sprünge und Klettereien gehen locker von der Hand. Die Richtung vorgeben und die Parkours-Taste gedrückt halten, das reicht meistens. (Foto: Ubisoft)

Das Szenario: Französische Revolution
Serientypisch lädt “Assassin´s Creed Unity” den Betrachter der Singleplayer-Kampagne zunächst auf eine Zeitreise ein. Der Ausflug führt in die französische Hauptstadt Paris des Jahres 1791, zurzeit der bürgerkriegsähnlichen Zustände der Französischen Revolution. Das Abenteuer steigt nicht gleich voll ein. Es beginnt, wie in der Assassin´s-Creed-Reihe üblich, mit leichten Fingerübungen. Zunächst steht eine kurze Episode im frühen Mittelalter an; danach einige Momente aus des späteren Helden Kindheit. Wir sprechen über ein paar Wortgefechte, Apfelklau und Botenläufe. Die Steuerung kennen lernen. Nichts Ernsthaftes.

Suche nach dem Vatermörder
Erst zwei Stunden nach Spielstart entwickelt sich ein Bild von Chaos und Anarchie. Aufständische Bürger tragen lodernde Fackeln durch die Straßen, Unruhestifter schüren die Stimmung mit flammenden Rufen. Die Kamera fängt einen Kerl im wehenden Rock ein: Die Heldenfigur, Arno Victor Dorian, hält das Gesicht im Schatten seiner Kapuze verborgen. Er tut gut daran. Denn Arno lässt sich im Spielverlauf zum Assassinen ausbilden. Ein Meuchelmörder, der im Auftrag einer geheimnisvollen Bruderschaft für die Freiheit kämpfen soll. Tief in seinem Herzen allerdings treibt Arno anderes an. Er will den Mördern seines Vaters auf die Schliche kommen. Los geht´s.

Das schöne Wesen rechts hört auf den Namen Elise de la Serre. Sie und Arno sind durch eine Romanze verbunden.

Das schöne Wesen rechts hört auf den Namen Elise de la Serre. Sie und Arno sind durch eine Romanze verbunden. (Foto: myself)

Überzeugende Figuren und Handlung
Stark vereinfacht könnte man “Assassin´s Creed Unity” als Third-Person-Actionabenteuer bezeichnen. Eines, das eine Geschichte erzählt. Mission um Mission baut das Spiel durch eingestreute Dialoge und Kamerafahrten eine Rahmenhandlung auf. Arno gerät in den Mittelpunkt eines Verwirrspiels aus Intrigen und Hinterhalten. Er kommt den Machenschaften einer skrupelloser Templer-Sekte auf die Spur, die den Bürgeraufstand zur Durchsetzung eigener Interessen manipulieren. “Unity” gelingt, woran bisher jedes Assassins Creed scheiterte: eine differenzierte Porträtierung des Helden, seiner Geliebten Elise, von Louis XVI, Napoléon, Robespierre und anderen Beteiligten. Arno selbst kommt mit seinem charmanten Lächeln und frechen, stilsicher synchronisierten Sprüchen ausgesprochen sympathisch rüber. Die erzählerischen Momente sind so nachvollziehbar mit der Action verknüpft, die Figuren so lebendig gezeichnet: Man fühlt sich ihnen verbunden und will wissen wohin das Schicksal sie treibt.

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Der Held wandelt auf Luft, weil die PS4-Fassung buggy ist. Hat´s mich gestört? Nicht ernsthaft. AC Unity ist trotzdem ein wunderschöner Anblick. (Foto: myself)

Visuelle Höhepunkte
Dieses Assassin´s Creed bezieht, wie die Teile vorher, einen großen Teil seines Reizes aus der gekonnten Inszenierung besonderer Momente. Wenn der Held beispielsweise markante Gebäude erklettert und deren höchsten Punkt erreicht, löst das wundervolle Panorama-Kamerafahrten aus. Während der Blick über die Umgebung schweift und sich einem Paris zu Füßen legt, steht einem manchmal der Mund offen. Dieses Assassine´s Creed sieht einfach wundervoll aus. Paris, was für ein wundervoller Spielplatz! Eine Welt aus hunderten Straßen, Häusern, Kirchen und Plätzen, die sich nahezu endlos bis zum Horizont ausdehnt.So viele Gebäude, so viele Dächer. Jedes einzelne Bauwerk ist erkletterbar, bei überraschend vielen lädt Innenarchitektur zur genaueren Betrachtung ein.

PlayStation 4 am Limit
Der Spielfluss überzeugt im Großen und Ganzen. Action- und Erzählszenen klatschen einander nahtlos ab und zeigen keine störenden Unterschiede bei den Charakterdetails, wie beispielsweise “Call of Duty: Advanced Warfare”. Also alles bestens? Nein. Die getestete PS4-Version scheint mit der Komplexität des Gesamtkunstwerks etappenweise überfordert. Die Bildwiederholrate sinkt einige Male von den üblichen 30 Frames auf deutlich weniger. Außerdem fallen ungewöhnlich viele Bugs auf: Computergegner bleiben an Kulissen hängen und versuchen sich Freizuzappeln. Der Held geht auf Luft oder fällt durch den Boden ins Polygonnirwana. Ernsthafte Probleme entstehen durch diese Softwarefehler nicht, die Illusion einer Zeitreise bleibt weitgehend intakt. Dennoch bleibt zu hoffen, dass ein Download-Patch bald für Ordnung sorgt.

Ich steh total auf die Szenen mit Wechseln von Epochen oder in abstrakte Realitäten. Erinnert mich an die tollen Alice-Game von American McGee.

Ich steh total auf die Szenen mit Wechseln von Epochen oder in abstrakte Realitäten. Erinnert mich an die tollen Alice-Games von American McGee. (Foto: myself)

Was wir mögen
Die sieben Viertel von Paris bieten ausreichend visuelle und atmosphärische Abwechslung. Ile de la Cité beispielsweise wirkt eher mittelalterlich und entgegenkommend, Le Louvre mondän und bedrohlich, das Militärquartier offen und weitläufig. Die Eindeutschung hat Ubisoft hervorragend hinbekommen. Die Texte sind stilsicher übersetzt, die Synchronsprecher impfen den Figuren Leben ein. Überzeugender Straßenlärm nebst französischen Sprachsprenkeln unterstützt das Flair. Die dramatische Musik verdient ein Sonderlob.

Was wir nicht mögen
Ganz leicht ist das Spiel nicht. Ärgerlich daher, dass auf Heldentod durch misslungene Kämpfe, Sprungprüfungen oder Schleichmissionen manchmal störend lange Ladepausen folgen. Schade außerdem, dass Hersteller Ubisoft durch ein Werbevideo bereits einen von mehreren dramatischen Umschwüngen innerhalb der Handlung vorweggenommen hat. Wer nichts darüber wissen möchte, sollte Youtube und das Video “Time Anomaly” meiden.

Das Kampfsystem gestattet eine deutlich bessere Kontrolle über Angriffe, Paraden und Ausweichschritte als bisher in Assassin´s Creed. (Foto: myself)

Das Kampfsystem gestattet eine deutlich bessere Kontrolle über Angriffe, Paraden und Ausweichschritte als bisher in Assassin´s Creed. (Foto: myself)

Fazit
“Assassin´s Creed Unity” lässt dich viele Abend lang lachen und weinen, jubeln und fluchen, sehen und staunen. Rund 20 Stunden an Spieldauer sollte einplanen, wer an der Seite von Arno Dorian französische Historie miterleben möchte. Die dreifache Zeit darf rechnen, wer sich zusätzlich den Nebenmissionen und Koop-Abenteurern widmet, seinen Held modisch stylt und einige seiner Rückzugspunkte wohnlich gestaltet. Unterm Strich ergibt das vielschichtige und gefühlsbetonte Actionunterhaltung, die dank einiger überraschender Wendungen fast durchgehend blendend unterhält.

 

2015-06-16T11:34:16+02:00

Über mich

Spieleschreiber, das sind im Wesentlichen ich – Richard Löwenstein – und freie Kollegen, mit denen ich auftragsbezogen zusammenarbeite. Ich bewege mich seit 1984 in der Software-, Games- und Medienindustrie. Das Wort Spieleschreiber (“gamesauthor”) bezieht sich auf  die Tatsache, dass ich über Computerspiele schreibe und sie außerdem entwickle und produziere

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